#Fall – ADHS
Anamnese und Ziel
Kunde, 29-jährig, mit Kindheitsdiagnose ADHS und mangelndem Selbstvertrauen/Selbstwert, seit längerem eher kraft- und energielos unterwegs. Er zieht sich in sein Zimmer zurück und fühlt sich nicht wertgeschätzt. Zitat: „Keine Sau interessiert sich für mich!“ Sein Ziel: „Ich fühle mich geborgen, frei, selbstsicher und wertgeschätzt.
Der Kunde wuchs mit zwei älteren Geschwistern und seinen Eltern in einem kleineren Ort grundsätzlich behütet auf. Er hat ein intaktes Netzwerk, spielt Fussball, wandert gerne und musiziert. Er hat eine kaufmännische Lehre absolviert und studiert zwischenzeitlich Sozialpädagogik. Er zog deswegen und wegen seiner Arbeitsstelle vor einiger Zeit nach Zürich.
Nach der ausführlichen Anamnese und Festlegung der Ziele erfuhr ich, dass der Kunde während der Primarschulzeit die „Bekanntschaft“ mit der Diagnose ADHS machte und zudem gemobbt wurde. Er ist Nichtraucher, kifft aber ab und an. Er sei irgendwie blockiert, mache sich endlos Gedanken über Gott und die Welt, fühle sich alleine, hat Angst vor Ablehnung (Enttäuschung, Verletzung, Schuld), Kraft und Antrieb fehle.
Behandlung
Ich leite die Hypnose ein und der Kunde entspannt sich. Weitere Vertiefungen gaben ihm die notwendige Ruhe und Sicherheit zum Arbeiten. Mittels klassischer Regressionsarbeit gingen wir zusammen zurück zur Ursache. Als Ausgangssituation war der Kunde in seinem Zimmer. Wir liessen die Gefühle Angst alleine, verletzt und enttäuscht sein auf der Skala 1 bis 10 auf 10 hochfahren und „Boink“ zurück in seinem Leben, als er diese Gefühle erstmals erlebt hat.
Als Erstereignis machten wir mit 8 Jahren ein Auslachen in der Turnstunde dingfest. Weitere negative Emotionen durchlebte er bei Ereignissen im Klassenlager (verletzt, ausgegrenzt) und in der KV-Ausbildung mit seiner Ausbilderin (verletzt, enttäuscht, bin nicht gut genug. = unterfordert, Anmerk. der Schreibenden). Diese Situationen konnte er aus der heutigen Perspektive für sich objektiv und relativ schnell erledigen, sprich auflösen. Das Ereignis in der 3. Klasse aber; die Diagnose ADHS und die endlosen Sitzungen beim Schulpsychologen dazu, traumatisieren ihn noch heute. Er berichtet, dass er als 9-jähriger überhaupt nicht verstand, was die alle (Lehrer, Psychologe, Eltern) von ihm wollten. Er verstehe das vom Schulpsychologen Gesagte überhaupt nicht und müsse Ritalin einnehmen. Auf meine Frage, was er denn benötigen würde, was für ihn besser, angenehmer sei, um sich ganz normal im Schulsystem eingliedern zu können? antwortete er: Ich bin nur unterfordert. Ich brauche Schulstoff, ich will gefördert werden. Aha, dachte ich, so einfach wäre das…
Später – beim Übertritt in die Oberstube in die Bezirksschule – attestierte ihm ein (weiterer) Lehrer eine Unreife (verletzt weiter, ich bin nicht gut genug). Das überspannte den Bogen des Kunden gänzlich. Er wurde vollends demotiviert, fühlte sich unverstanden, alleine, hilflos, seine Anstrengungen wurden nicht belohnt. Er begann zu kiffen.
Die Jahre zogen ins Land und er meisterte sein Leben „malbuner, malbesser“, da er auf Beständiges (seine Familie, sein Netzwerk) zurückgreifen konnte. Als er aber diese Komfortzone im Frühjahr 2018 verliess, nach Zürich wohnen und studieren ging, triggerte ihm sein Körper sämtliche negativen, unverarbeiteten Ereignisse aus seiner Schulzeit wieder.
Der Kunde liess letztlich alle unverarbeiteten Ereignisse los, übergab sie am warmen, lichtdurchfluteten Sandstrand den kommenden und gehenden Wellen mit in die Weite des Ozeans. Suggestionen dazu, wie „Du fühlst Dich freier und freier, selbstbestimmt, von Mitarbeitenden und Mitstudierenden wertgeschätzt“ usw. rundeten die ungefähr dreistündige Sitzung ab.
Beim Nachgespräch wirkte der Kunde ruhig und sehr entspannt. Er sagte mir, er fühle sich richtig gross und stark. Weitere Sitzungen zur Vertiefung und Festigung folgten.
Liebe Eltern
Ich bitte sie, falls sie die oben aufgeführte Thematik kennen resp. eventuell noch vor sich wissen, überprüfen sie die Sachlage mit ihrem Kind genau. Fragen sie es und hören sie gut zu, was es Ihnen zu sagen hat. Ich weiss, es ist „anstrengend“. Bleiben sie aktiv, bleiben sie dran: Es lohnt sich.
Beachten Sie, nur schon von der Diagnose ADHS zu hören, geschweige sie diagnostiziert zu erhalten, kann für ein Kind bereits bedeuten: „Etwas stimmt nicht mit mir“. Dieser „Schaden“ ist schier irreparabel.
Bestimmt gibt es aber auch abgeklärt und begründet Fälle, welche mittels Ritalin und weiteren Präparaten sinnvoll behandelt werden.